Alois Brunner: Der meistgesuchte Nazi, der nie zur Rechenschaft gezogen wurde
Alois Brunner – dieser Name steht für eine der dunkelsten und zugleich unglaublichsten Geschichten der Nachkriegszeit. Als rechte Hand von Adolf Eichmann war Brunner maßgeblich an der Deportation und Ermordung von mindestens 128.000 Juden beteiligt. Doch während Eichmann 1960 gefasst und in Israel vor Gericht gestellt wurde, gelang es Brunner, jahrzehntelang unbehelligt zu leben. Wie war das möglich?
Flucht und Schutz durch geheime Netzwerke
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs floh Brunner mithilfe sogenannter „Rattenlinien“, einem Netzwerk ehemaliger Nazis, nach Syrien. Dort etablierte er sich unter falscher Identität und begann ein neues Leben – nicht versteckt, sondern offen. Geschützt wurde er nicht nur vom syrischen Regime, sondern auch von einflussreichen deutschen Geschäftsleuten und Politikern. Ein bekannter Unterstützer war Karl-Heinz Späth, Leiter der Pharmafirma Thameco in Damaskus, der Brunner sogar offiziell beschäftigte.
Das spektakuläre Mossad-Attentat von 1961
1961 versuchte der israelische Geheimdienst Mossad, Brunner auszuschalten. In der Hauptpost von Damaskus explodierte eine Briefbombe, Brunner überlebte schwer verletzt und verlor ein Auge und mehrere Finger. Obwohl schwer getroffen, führte dieses Attentat nicht zu seiner Festnahme, sondern markierte den Beginn seiner zunehmenden Isolation.
Brunners zynische Interviews und öffentliche Provokationen
In den 1980er Jahren gewährte Brunner mehreren europäischen Medien Interviews, die für Aufsehen sorgten. In der Zeitschrift „Bunte“ sagte er 1985 stolz und offen antisemitisch: „Israel wird mich nie bekommen“. Zwei Jahre später verhöhnte er in einem Interview mit dem österreichischen Journalisten Kurt Steinitz seine Opfer zynisch mit den Worten: „Junger Freund, lassen Sie mir das schöne Wien grüßen und seien Sie froh, dass ich es für Sie judenfrei gemacht habe.“
Von der Isolation bis zum heimlichen Ende
Ende der 1980er Jahre wurde Brunner vom syrischen Regime unter Hafis al-Assad zunehmend isoliert, bis er schließlich unter Baschar al-Assad vollkommen fallen gelassen wurde. Laut Recherchen verbrachte er seine letzten Jahre krank und vergessen in einem geheimen Kellerverlies des syrischen Geheimdienstes, bis er zwischen 2001 und 2009 starb.
Warum wurde Brunner nie zur Verantwortung gezogen?
Brunners jahrzehntelange Freiheit wurde ermöglicht durch eine toxische Mischung aus politischen Interessen, geopolitischen Konflikten und mächtigen Netzwerken ehemaliger Nazis. Die westdeutsche Politik, Geheimdienste und Medien schauten lange weg, während Syrien Brunner aktiv schützte und nutzte.
Die Geschichte von Alois Brunner erinnert uns schmerzlich daran, dass Gerechtigkeit nicht automatisch erfolgt, sondern oft von politischen und wirtschaftlichen Interessen abhängt. Sie mahnt uns, genau hinzuschauen und niemals zu vergessen.